Abenteuer Wutachschlucht

Abenteuer Wutachschlucht Am Räuberschloessle

31.10.2015 bis 01.11.2015

Wildromatischer Schwarzwald und anspruchsvolles Wandererlebnis

Die Wutachschlucht im Südosten des Schwarzwaldes nahe Blumberg und der bekannten Sauschwänzlebahn ist für geübte Wanderer ein Muss. Gerade der Herbst verwandelt den Schwarzwald in eine Idylle aus bunten Laubbäumen, dunklen Tannen mit dem geradezu himmlischen Geruch nach Blättern, Moos und frischer Schwarzwaldluft und ist zum Wandern geradezu prädestiniert. Die Wettervorhersage stimmt und so nehmen wir uns die Wutachschlucht fürs Wochenende vor.

 

Übernachtet wird in Bonndorf in einer kleinen gemütlichen Unterkunft, denn ein Tag reicht zum Erkunden der Wutachschlucht nicht aus. Wutach ist übrigens abgeleitet aus den Worten "wütende Ach". Die Wutach entsteht mit dem Zusammenfluss der Gutach (gute Ach) und der Haslach sucht sich schließlich durch die tiefe Schlucht ihren Weg.

 

Im Gepäck haben wir vor allem festes und gutes Schuhwerk mit Profil und eine entsprechende Wanderausstattung, denn die Wanderrouten der Schlucht sind anspruchsvoll und auf keinen Fall für Radfahrer oder Kinderwägen geeignet. Einige Wanderwege sind Teil des Schluchtensteigs im Naturpark Südschwarzwald und je nach Witterung muss man auf rutschige Streckenabschnitte gefasst sein. In den Wintermonaten wird sogar davon abgeraten in der Schlucht zu wandern, um sich keiner Gefahr auszusetzen.

 

Der Unterschied zu den üblichen Wanderwegen im Schwarzwald sind die besonders schmalen Steige und wilden Pfade inmitten von unberührter Natur, zwischen wildromantischen Wasserfällen und einer beeindruckenden Tier- und Pflanzenwelt. Eine bisschen Kondition und ein bisschen Schwindelfreiheit sollte man auf jeden Fall mitbringen. Kein Problem für uns! Wir freuen uns auf die Herausforderung – Wutachschlucht wir kommen!

 

Wir haben uns zwei Etappen vorgenommen. Der erste Tag führt uns von der Schattenmühle in Löffingen in Richtung Lenzkirch talaufwärts. Am zweiten Tag geht's von der Schattenmühle talabwärts bis zur Wutachmühle. Die ehemalige Wassermühle liegt bereits tief in der Schlucht – daher auch der Name "Schattenmühle". Wer möchte kann mit dem Wanderbus an die Wutachmühle fahren und dann zur Schattenmühle wandern.

 

Bei schönstem Herbstwetter starten wir zunächst in Richtung Räuberschlössle und zur Stallegger-Brücke. Der Weg ist nicht einfach zu begehen und wir sind froh um unsere Wanderstöcke mit welchen wir nun bergauf aus der Schlucht heraus zum Räuberschlössle gelangen. Die Felsenburg Neu-Blumberg wurde einst von den Rittern aufgegeben und diente später als Unterschlupf für Räuber und Gesindel. Übrig geblieben ist eine Burgruine mit einzelnen Mauerresten. Beeindruckend der Blick nach unten. In der Wutachschlucht ist wirklich Vorsicht geboten. Wir treffen auf viele andere Wanderer, die das Räuberschlössle ebenfalls für eine Rast nutzen. Wer die Einsamkeit sucht, ist in der Wutachschlucht wahrscheinlich an der falschen Stelle – besonders an einem sonnigen Wochenende wie diesem. Auffällig ist, dass es sich auch um viele junge Leute handelt. Keine Frage, das Wandern ist angesagt und auch bei den Jüngeren wieder voll im Trend.

 

Wir sind neugierig und gespannt auf das was kommt, deshalb setzen wir unseren Weg fort. Die überwältigende Urlandschaft um das Wildflusstal ist für alle Naturliebhaber ein Traum. Das Flussbett naturbelassen, umringt von dichtem Wald. Ab und zu liegt ein umgefallener Baum im Fluss. Darum kümmert sich hier niemand, die Natur wird sich selbst überlassen, wie es sein sollte. Vor uns steht die Stallegger-Tanne mit über 52 m Höhe, 4,52 m Umfang und mit einem Alter von 280 Jahren – das heißt zur Zeit der französischen Revolution 1789 war diese Tanne bereits ein richtiger Baum und schon 50 Jahre alt. Es geht weiter und wir nähern uns dem Wasserkraftwerk Stallegg mit Turbinenhaus und Staumauer. Es gehört zu den ältesten Wasserkraftanlagen in Deutschland und steht unter Denkmalschutz.

 

Das enge Flusstal mit seinen schluchtenartigen Abschnitten, den Flühen ist in diesem Bereich besonders sehenswert. Der Fluss drängt umringt von Granitschrofen durch die Stallegger Schlucht. Von der der Seite in einer gut 20 m hohen Klamm fließt die Haslach ein. Ich erinnere mich an unsere früheren Kajak-Touren z.B. in der Gutach von Triberg ab oder eben in genau dieser Schlucht. Mit Schaudern denk ich an das Hochwasser in der Stallegger Schlucht zurück. Ob wir uns das heute noch zutrauen würden? Eher nicht. Ich verwerfe den Gedanken und bin froh einen Gang gemütlicher zu Fuß unterwegs zu sein. Weiter geht´s über die Stallegger Brücke und wir erhaschen einen Blick auf die Bogenstaumauer und den Stausee. Immer wieder kreuzen Warnschilder unseren Weg, denn die Absturzgefahr lauert überall. Kinder also bitte stets an die Hand und keine gefährlichen Kletterversuche abseits des Weges bitteschön!

 

Auf unseren Touren entdecken wir moosbedeckte Felsenwände aus denen Wasser strömt und überhängende Felsenwände, die die Wutach mit der Zeit unterspült und ausgehöhlt hat. Auffällig ist das großblättrige Gewächs, das es überall in der Wutachschlucht zu geben scheint. Ich nenne es den Wutach Rhabarber. In der Wutachschlucht scheinen die Uhren irgendwie stehen geblieben zu sein. Ein altes Schild weist auf eine Übernachtungsmöglichkeit hin – einfach schön, wie aus früheren Zeiten. Die Schlucht gibt immer wieder Blicke auf die unterschiedlichen Gesteinsschichten frei und somit einen beeindruckende Einblick in die Entwicklung der Erdschichten. Teilweise laufen wir auf Felsvorsprüngen direkt am Fluss. Wer hier nicht trittsicher und konzentriert ist, läuft Gefahr abzustürzen. Die am Fels festgemachten Seile bieten eine Möglichkeit zum fest halten. Eine von den Wassermassen zerstörte Brücke, die ein paar Meter talabwärts neu gebaut wurde, zeigt wieder einmal die Gewalt der Natur und des Wassers.

 

Nach einiger Zeit erreichen wir die verwunschene und vom Verfall gezeichnete Kapelle Bad Boll. Sie weist auf den gleichnamigen ehemaligen Bade- und Erholungsort hin. An das Kurhotel selbst, dass um die Jahrhundertwende dort errichtet wurde, erinnert nur noch die Kapelle und natürlich an die Mineralquelle mit dem Heilwasser. Das Heilwasser wurde schon im 19. Jahrhundert zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt. Später wurde der Ort hauptsächlich von Fischern aufgesucht, da das mineralhaltige Wasser besonders für die Fischzucht geeignet ist. Unser erstes Wutachschlucht-Wochenende neigt sich dem Ende und wir sind begeistert. Mit vielen Bildern und Eindrücken machen wir uns auf dem Heimweg.

 

Blumberg - Buchberg - Sauschwänzlebahn

Die beiden Wandertage in der Wutachschlucht machen Lust auf mehr. Wir beschließen eine weitere Wanderung in und um die Wutachschlucht zu unternehmen. Dieses Mal geht es von Blumberg über den Buchberg mit Blicke auf die bekannte Sauschwänzlebahn. Wir sind schon eine ganze Weile unterwegs und es wird Zeit für eine Pause. Der Buchberg lädt mit Bänken und Tischen zum Verweilen ein. Das machen wir, auch wenn der Nebel uns den Blick ins Tal verwehrt. Macht nichts, denn der Nebel rückt den mystischen Schwarzwald in den Vordergrund, der ebenso seinen Reiz hat.

 

Ein aus Bahnschienen geformter Grill lässt erahnen auf welcher Route wir uns befinden. Die Sauschwänzlebahn ist nicht mehr weit. Nach dem Buchberg erreichen wir die Ebene von Blumberg. Der Weitblick ist fantastisch. Als wir vor einem großflächigen Acker stehen fällt mir das Lumpenlied ein "Wie kommt's dass du so traurig bist", mit dem Text "Wenn einer a steinige Acker hat, und a stumpfe Pflug und a böses Weib dahoim, dann hat er z`kratze gnug." Wir lassen den steinigen Acker hinter uns, wandern weiter und erreichen eine Station, die die Speckherstellung erklärt. Das schauen wir uns genauer an. Fässer mit Tannenzweigen und Wachholder weisen auf die Zutaten für den Rauch hin. Tafeln in einem Zuber erklären die Vorgehensweise beim Speckräuchern. Toll gemacht, da sind wir uns einig. Beim Durchlesen der Tafeln werden Erinnerungen an meine Kindheit wach, denn in unserer Gaststätte musste ich als kleiner Junge oft die Salzlake über die Schweinehälften verteilen.

 

Nun geht es aber wieder abwärts in die Flühen unter einer Brücke der Sauschwänzlebahn hindurch. An einem der zahlreichen Rastplätze genießen wir nach ausgiebigem Vesper eine wohlverdiente Pause bevor wir die restliche Strecke zurücklegen. Rund 24 km sind wir auch an diesem Tag gelaufen. Anstrengend, aber lohnenswert und ein tolles Gefühl. Am Ende unserer Tour entdecken wir noch ein besonderes Schild mit einer persönlichen Botschaft eines Hinterbliebenen an seine Frau oder umgekehrt. Jedenfalls zeigt sich hier, dass der scheinbar sture Schwarzwälder mit all seinen Ecken und Kanten in Wirklichkeit wohl doch ganz sensibel und einfühlsam ist.

 

Die Wutachschlucht ist vielseitig, anspruchsvoll, beeindruckend und für Wanderfreunde nur zu empfehlen. Ein echtes Wandererlebnis eben.

 

Euer Infobaum-Blogger

Jakob

 

Tipp: Auch eine Fahrt mit der Sauschwänzlebahn lohnt sich. Die Strecke führt auf 25 km über 4 Brücken und durch 6 Tunnel mit Blicken in die Wutachschlucht.

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Längste Baumliege bei Todtnau
Erdachtes vergeht, erlebtes bleibt
© Kurt Haberstich