Nordic Walking bei Kirnbach im Schwarzwald

Nordic Walking Kirnbach Feldweg

19.05.2015

Raus mit dem A… an die Frühlingsluft,

ein beliebter Hinweis meines Vaters, Gott hab ihn selig, dass es Zeit sei aufzustehn. Und wann ist die Luft frühlingshafter als im Mai! Deswegen raus mit dem A…, Frühstück mit der Familie, Laufschuhe und Nordic-Walking-Stöcke an den Mann, smartphone ins Trikot und nichts wie ab in den Wald, meinen geliebten Wald.

Ich starte unterhalb der Schondelhöhe am Ende des Kirnbachtals. Jetzt fragt ihr sicher: "Wo um himmelsgottswillen ist Kirnbach?". Ganz einfach: im Kinzigtal, genau in der Mitte des Schwarzwalds, zwischen Hausach und Wolfach. Und Kirnbach ist übrigens eine der drei Gemeinden, wo der weltbekannte Schwarzwälder Bollenhut getragen wird, das Symbol des Schwarzwalds schlechthin.

Kaum bin ich meinem Auto entstiegen, spüre ich diese herrlich kühle Sonntagmorgenluft, die einem die ersten paar Laufmeter noch frösteln lässt. Ein Meer von gelbblühenden Ginsterbüschen und Blick in den gegenüberliegenden Wald des Grafenlochs, dessen Laubbäume jetzt zarte grüne Blätter tragen und einen wunderbaren Kontrast zu den dunklen Nadelbäumen bilden, zeigen: Die letzten Frostnächste sind vorbei - es ist Frühling, sicher! Gras, das Laub der Bäume und die jungen Triebe der Tannen und Fichten sind voll von glasklaren Tautropfen. Und mir schießt das Lied in den Kopf: "Im Flühtau zu Belge wil ziehn, wil schauen die Belge und Höhn, falleli und fallela, Honda, Honda, Kawasaki". Eine Persiflage auf das Volkslied "Im Frühtau zu Berge wir zieh´n fallera " von Otto Waalke, dem Blödelbarden aus dem hohen Norden, den ich vor vielen Jahren live in Offenburg erlebt habe.

Es geht leicht bergan auf einem breiten Holzabfuhrweg. Das Frösteln ist kurze Zeit später verflogen. Links und rechts stehen dicht gedrängt stattliche Tannen und Fichten. Wie ihr den Unterschied erkennt? Ganz einfach: Die Nadeln der Tanne wachsen nach links und rechts. Zeichnen praktisch ein "T". Die Nadeln der Fichte wachsen rund und die Äste. Die Fichte hat einen gleichmäßigen Wuchs, die Tanne dagegen ist wilder, unregelmäßiger in ihrem Erscheinungsbild.

Nach ca. 20 Minuten erreicht man die Wegkreuzung "Am Berg". Hier haben ein paar humorvolle Zeitgenossen ein Schild angebracht: Steueroase Fürstentum Rappenstein. Also falls ihr Geld anlegen wollt, einfach einen Koffer voll mitnehmen.

Der Weg geht weiter Richtung "Pilfer" und ist umrahmt von vielen Holzbiigen (allemannisch für Holzbeuge, Geschlagenes und Aufgespaltetes, zum Trocknen und Abtransport aufgeschichtetes 1m langes Holz). Wie kurz und markant unser Dialekt doch Sachverhalte beschreibt. Jetzt wechseln sich grasbewachsene Wege durch Jungwald und Waldwege mit tiefen Traktorspuren ab. Meine Füße sind durch die feuchten Wiesenabschnitte und auch den einen oder anderen Ausrutscher in eine Drecklache inzwischen naß, aber es ist Mai - kalte Füße gibt es nicht mehr. (Drecklache - allemannisch für Erdvertiefung in dem sich Regenwasser gesammelt hat und nicht mehr Trinkwasserqualität hat).

Beim "Pilfer" rechts halten, jetzt geht es bergabwärts immer Richtung Kirnbach/Wolfach. Und ich muß sagen, bergab bin ich ein richtiges Nordic-Walking-Tier. Die Bäume, Hecken, Sträucher, Blumen fliegen nur so an mir vorbei. Selbst die häufig herumliegenden Dannedoggele (allemannisch für Tannenzapfen, eigentlich Fichtenzapfen, die von den Bäumen herunterfallen). Keine Angst deswegen müsst ihr keinen Helm tragen.

Nach ca. 2 Stunden hab ich das Ende des Tales erreicht und erblicke die letzte akkurat aufgesetzte Holzbiige. Diese Holzbiige gehört meinem Lichtnachbar Alice (allemannisch für einen in einiger Entfernung wohnenden Nachbar, dessen Wohnungslicht man gerade noch erkennen kann).

Jetzt bin ich daheim und freu mich auf ein ausgiebiges Duschvergnügen.


Euer Infobaum-Blogger

Jakob

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Längste Baumliege bei Todtnau
Erdachtes vergeht, erlebtes bleibt
© Kurt Haberstich