Schwarzwald-Idylle, Schwarzwald-Einsamkeit und viele Zitate

Schwarzwald Idylle Zwieselberg Fahrrad

20.05.2015

Ein Rad-Tag im Wolftal im mittleren Schwarzwald - oft erlebt, immer wieder schön, immer wieder mit neuen Eindrücken. So auch vor einigen Tagen als mich die warme Frühjahrssonne rauslockte und mein Trekking-Rad satteln ließ. Zuerst also die Standard-Strecke durch's Tal von Wolfach bis Bad Rippoldsau, 20 Kilometer zum Einrollen, immer leicht bergan und natürlich mit Gegenwind. Es ist Samstag Nachmittag, alle Welt arbeitet im Garten und um's Haus, ich lese förmlich die Gedanken der fleißigen Wolftäler: "Het di nix z'schaffe?" Ebenfalls in Gedanken antworte ich: "Ja, es ist erstaunlich, was manche Menschen tun müssen um abends müde zu sein!"

Mit dem Gefühl, dass ich es richtig mache, dass Arbeit nicht alles ist, kurble ich mich Kilometer um Kilometer weiter und erreiche den Wallfahrtsort Bad Rippoldsau. In der Kirche einkehren und Dank sagen! Eher nicht, das habe ich eigentlich schon unterwegs erledigt. Und mein Sohn sagt immer: "Bloß nicht absteigen, immer weiterfahren!" Dann also hoch auf den Zwieselberg zwischen Bad Rippoldsau und Freudenstadt, 6 km gleichmäßige Steigung.

Oben empfängt mich ein empfindlich kühles Lüftchen, da hilft nur das empfohlene Weiterfahren. Mache ich dann auch, ich biege rechts ab, jetzt aber auf einen ausgeschilderten Mountainbike-Weg. Er ist breit, gut zu befahren mit Trekking-Rädern, Cross-Rädern oder auch E-Bikes mit entsprechenden Reifen, verläuft "so wie d'Ochse g'loffe sin", also kurvig, immer oberhalb des Trinkwasser-Speichers Kleine Kinzig und erreicht nach einigen Kilometern den Rossberg. Eine sehr einsame Gegend hier auf der Höhe, ein allein stehendes Haus, anscheinend unbewohnt, eine Kapelle in jämmerlichem Zustand. Sommerkleider braucht man hier bestimmt nicht oft, es ist "einen Kittel kälter" als im Tal, macht bestimmt fünf Grad aus. Und passend zur (an diesem Tag) eher unwirtlichen Gegend erkenne ich, dass ich gerade einen Friedwald passiert habe. Wer wie ich katholisch erzogen wurde, kann die Schlichtheit kaum glauben. Da gibt es einfach nur ein winziges Schildchen mit Name, Geburts- und Todesdatum und sonst Moos, Büsche, Natur. Keine Kerzen, keine Blumen, kein Schmuck. Berührt mich.

Besinnung hin oder her, es geht nun weiter, jetzt deutlich abwärts Richtung Kaltbrunn. Unterwegs passiere ich noch einen Brunnen mit extrem kaltem Wasser (dem Namensgeber des Orts?), erreiche die ersten Häuser und sehe wieder arbeitende Menschen in diesem idyllischen, ruhigen Seitental des Kinzigtals. In Gedanken noch im Friedwald mit seiner ganzen Ursprünglichkeit taucht wieder ein Friedhof auf, dieses Mal fast schon schön zu nennen, mit Blumen, einer schönen Kapelle, Kreuzen, Kerzen, ein winzig kleiner Flecken Erde.

Energisch schüttle ich die Gedanken an Vergänglichkeit und Sinn des Lebens ab und rolle weiter das Tal hinaus, es wird wärmer, eine Einkehr wäre nicht schlecht. Ob es die legendäre Gastwirtschaft "Tälchen der Heimat" wohl noch gibt? Die Wirtin Kreszenzia Mäntele? - Leider nein, stelle ich fest. Schade, war nix mit dem Holunderblüten-Schorle. Also weiter bis Schenkenzell. Danach wird es wieder lebhafter um mich herum: Schiltach und Wolfach sind belebte Orte, die Zivilisation hat mich wieder, ein fast schon befremdliches Gefühl nach so vielen einsamen Kilometern.


Eure Infobaum-Bloggerin

Elisabeth


Zum Nach-Radeln hier die Streckenführung:

Straße: Wolfach - Oberwolfach - Schapbach - Bad Rippoldsau - rechts ab auf den Zwieselberg.

Holzabfuhrweg (Schotter): Zwieselberg - Rossberg, immer dem Höhenzug entlang - Kaltbrunn.

Straße: Kaltbrunn - Schenkenzell - Schiltach - Halbmeil - Wolfach.

ca. 70 Kilometer (sorry, kein Tacho)

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Längste Baumliege bei Todtnau
Erdachtes vergeht, erlebtes bleibt
© Kurt Haberstich